Neulich in HH in der S-Bahn setzt sich mir gegenüber eine Frau mit ihrer kleinen Tochter und wickelt die Zweijährige aus dem Tuch. In die Nachbarsitzgruppe quetschen sich drei Jungs, ca. 5 bis 8 Jahre, jeder mit einem anderen digitalen Endgerät.
Die Kleine im Glitzerkleid versucht, sobald sie auf den Sitz gerutscht ist, mit ihrem gestreckten, nackten Fuß mein Bein zu berühren, ihr Blick dabei eher ernst denn fröhlich oder verschmitzt. Umgehend wird sie von der Mutter zurechtgewiesen. Die Mutter entschuldigt sich bei mir sehr streng, als erwarte sie eine böse Reaktion meinerseits. Ich lächele unter der Maske und sage, kein Problem.
Die Mutter schließt müde die  Augen.
Die Kleine streckt den Fuß sofort wieder aus und wir beginnen ein „Schafft mein Finger es, deinen großen Onkel zu berühren oder bist du zu schnell für mich oder traut dein Zeh sich etwa bis zu meinem Finger“ Spiel.
Ich übertreibe mein Lächeln unter der Maske, damit sie es zumindest erahnen  kann.
Das stille, konzentrierte Spiel geht so lange, bis der ca. fünfjährige Sohn der Mutter das Handy zurückgibt.
Die Mutter reicht das Handy an die Kleine weiter.
Unser Spiel endet, die Kleine bricht die Kommunikation mit der Außenwelt ab und tippt auf dem Bildschirm herum, es sieht nach YouTube aus.
Dann ist die S-Bahn am HBF, ich stehe auf und steige aus.
Die Kleine bemerkt es nicht einmal.


Dieser Text erschien zuerst 2021 im Blog:

Morgen fing ich an


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